Kälteschutz am Arbeitsplatz: So bleiben Ihre Angestellten gesund und motiviert

Redaktion
Sven von Thülen

Kälte am Arbeitsplatz ist mehr als nur unangenehm – sie birgt echte Gesundheitsrisiken. Erfahren Sie, wie Sie mit gezielten Schutzmaßnahmen Ausfälle vermeiden, die Motivation steigern und Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicher durch die kalte Jahreszeit begleiten.

Die kalte Jahreszeit stellt vor allem das Handwerk vor besondere Herausforderungen: Draußen auf der Baustelle, in zugigen Werkstätten oder unbeheizten Hallen – wer bei niedrigen Temperaturen arbeitet, ist erhöhten gesundheitlichen Risiken ausgesetzt. Das Risiko für Arbeitsunfälle steigt – genauso wie die Wahrscheinlichkeit für krankheitsbedingte Ausfälle. 

Deshalb gilt: Kälteschutz ist kein „Nice-to-have“, sondern ein wesentlicher Bestandteil des Arbeitsschutzes. Bereits Temperaturen unter +10 °C gelten laut Arbeitsschutzrichtlinien als potenziell gesundheitsgefährdend – besonders bei körperlicher Belastung, Wind oder Feuchtigkeit. Der richtige Kälteschutz am Arbeitsplatz ist daher nicht nur eine Frage des Komforts, sondern auch der Sicherheit und Motivation. In diesem Ratgeber erfahren Sie, worauf es ankommt, um Ihre Mitarbeitenden bestmöglich zu schützen. 

Kälteschutz am Arbeitsplatz: Ein unterschätzter Faktor

Kältebelastung wird im betrieblichen Alltag oft unterschätzt – mit ernsthaften Folgen. Sinkt die Umgebungstemperatur, steigt der körperliche Stress. Der Körper versucht, die Kerntemperatur zu halten, was zu erhöhter Muskelspannung, schnellerer Ermüdung und einem geschwächten Immunsystem führen kann. Vor allem im Handwerk, wo körperliche Arbeit im Freien oder in unbeheizten Bereichen die Regel ist, kann dies schnell zur Belastung werden. 

Ein effektiver Kälteschutz wirkt dem entgegen, verbessert das Arbeitsklima (im wahrsten Sinne des Wortes) und steigert die Produktivität. Auch die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter profitiert davon, wenn sie wissen: Der Betrieb sorgt für unsere Gesundheit – auch bei Eis und Schnee. 

Betriebliches Gesundheitsmanagement

Das Betriebliche Gesundheitsmanagement umfasst alle geplanten Maßnahmen von von Betrieben zur Verbesserung der Gesundheit am Arbeitsplatz.

Schutzkleidung gegen Kälte: Gut geschützt im Außeneinsatz

„Im Gegensatz zu Hitzearbeit ist in der Kälte meistens das Tragen von geeigneter Kleidung ausreichend, um Gefährdungen durch Kälte zu vermeiden“, erklärt Sebastian Dohm, Referent im Institut für Arbeitsschutz der DGUV (IFA). 

Sehr wichtig ist die korrekte Passform, so Dohm. Denn Kälteschutzkleidung funktioniert, indem sie Luft in ihren Fasern einschließt, die als Isolator dient.  

Ist die Kleidung zu eng, wird die isolierende Luftschicht herausgedrückt, und die Blutzirkulation, insbesondere an den Gelenken, wird behindert.  Das beschleunigt die Auskühlung.  

Ist die Kleidung zu weit, entstehen Kältebrücken und ein "Balgeffekt", der kalte Luft unter die Kleidung zieht und die isolierte Warmluft herausdrückt. Handwerkliche Berufe erfordern außerdem oft hohe Mobilität. Unpassende Kleidung schränkt die Ergonomie und die Bewegungsfreiheit ein, erhöht den Kraftaufwand und steigert so die Ermüdung und das Unfallrisiko, z.B. durch Hängenbleiben. 

Bei der Kleiderwahl sollte auf die Integration notwendiger Schutzfunktionen geachtet werden. Ein häufiges Problem entsteht, wenn Kälteschutzkleidung ohne Reflexstreifen mit Warnkleidung kombiniert werden muss. Zieht man eine Warnweste über eine dicke Winterjacke, passt sie oft schlecht, schränkt die Bewegungsfreiheit ein und kann wichtige Eigenschaften der Kleidung wie die Atmungsaktivität verändern.  

„Betriebe sollten bevorzugt multifunktionale Kälteschutzjacken und -hosen beschaffen, die direkt die erforderliche Warnschutzklasse, z. B. Klasse 2 oder 3, aufweisen. Dadurch entfallen zusätzliche Schichten, die Ergonomie bleibt erhalten und die Akzeptanz bei den Mitarbeitenden wird erhöht“, empfiehlt Dohm. 

Warnschutzkleidung – EN ISO 20471

Klasse 1

  • Geringer Schutz
  • Mind. 0,14 m² fluoreszierendes + 0,10 m² reflektierendes Material
  • Für innerbetriebliche Arbeiten ohne Verkehrseinwirkung

 

Klasse 2

  • Mittlerer Schutz
  • Mind. 0,50 m² fluoreszierendes + 0,13 m² reflektierendes Material
  • Für Arbeiten im innerstädtischen oder gewerblichen Bereich

Klasse 3

  • Höchste Schutzklasse
  • Mind. 0,80 m² fluoreszierendes + 0,20 m² reflektierendes Material
  • Für Arbeiten an Autobahnen, im Schienen- oder Schwerlastverkehr

Krankenstand und Fehlzeiten-Analyse

Die Fehlzeiten-Analyse ist ein wichtiges Instrument des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Dabei können gezielte Maßnahmen helfen.

Folgen von mangelndem Kälteschutz im Betrieb

„Bei unzureichendem Kälteschutz und ungeeigneter Kleidung drohen die bekannten Gesundheitsrisiken“, warnt Dohm.

  • Allgemeine Hypothermie (Unterkühlung):

    Das Absinken der Körperkerntemperatur führt zu Koordinationsverlust, Konzentrationsschwäche und im schlimmsten Fall zum Tod.

  • Muskuloskelettale Probleme:

    Kälte erhöht die Muskelspannung und erhöht das Risiko für Durchblutungsstörungen, was Verspannungen und Gelenkprobleme begünstigt.

  • Erhöhte Unfallgefahr:

    Kältezittern, verminderte Feinmotorik und Konzentrationsschwäche steigern das Risiko für Stolper-, Rutsch- und Absturzunfälle.

  • Geschwächtes Immunsystem:

    Die Schleimhäute kühlen ab, was die Anfälligkeit für Erkältungen und grippale Infekte – und damit potenzielle Ausfallzeiten und Produktivitätseinbußen – erhöht.

Praktische Maßnahmen für ein sicheres Arbeitsumfeld

„Die regelmäßige Unterweisung ist das wichtigste organisatorische Werkzeug, um das Bewusstsein für Kältegefahren aufrechtzuerhalten. Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass die Mitarbeitenden die Anzeichen einer beginnenden Kältebelastung nicht ignorieren, insbesondere bei körperlich belastenden oder stressigen Tätigkeiten, bei denen das subjektive Kälteempfinden oft unterdrückt wird“, so Dohm.

Hier ein paar weitere Tipps:

Arbeitsorganisation anpassen

  • Außeneinsätze in den wärmeren Tagesstunden durchführen
  • Häufigere und längere Pausen in beheizten Räumen ermöglichen
  • Mobile Wärmestationen oder beheizte Pausencontainer bereitstellen

Technische Schutzmaßnahmen

  • Wind- und Wetterschutz auf Baustellen installieren, z. B. Planen oder Bauzelte
  • Arbeitsmittel frostsicher lagern und betriebsbereit halten

Schulung und Sensibilisierung

  • Mitarbeitende regelmäßig zu Kältegefahren unterweisen
  • Frühwarnzeichen von Unterkühlung erkennen und ernst nehmen

„Es besteht oft die irrige Annahme, dass die jährliche Unterweisung eine einmalige Pflichtübung sei. Das ist nicht korrekt. § 12 ArbSchG fordert, dass die Unterweisung "ausreichend und angemessen" sein muss. Das bedeutet, sie muss mindestens einmal jährlich erfolgen, sie muss aber auch anlassbezogen erfolgen, wenn sich die Gefährdungslage ändert – und das ist beim Wechsel von warmen zu kalten Witterungsbedingungen der Fall“, stellt Dohm klar.

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Gesetzliche Bestimmungen zum Kälteschutz

„Zunächst einmal muss klar zwischen Kältearbeit – einem streng definierten Begriff der Arbeitsmedizin (z.B. in Kühlhäusern) – und dem Arbeiten im Kalten (z.B. auf der Baustelle oder in unbeheizten Werkhallen) unterschieden werden“, erklärt Dohm. 

„Bei echter Kältearbeit sind Arbeitgeber durch strenge Vorschriften in der Regel zu umfassenden Schutzmaßnahmen und Schulungen verpflichtet. Bei Arbeiten in der Kälte bieten die Unfallversicherungsträger viele Empfehlungen, um die Arbeit sicher zu gestalten (z.B. der DGUV-Ratgeber zur Kältearbeit). Zudem ist mit Erscheinen der Arbeitsstättenregel (ASR) A5.1 nun auch ein Schutz vor Gefährdungen durch Witterung im Arbeitsstättenrecht verankert. Diese ASR wird durch eine ASTA-Empfehlung (Ausschuss für Arbeitsstätten) für Arbeiten im Freien ergänzt, die den Schutz bei Kälte konkretisiert.“ 

Um für sichere und gesundheitlich zuträgliche Arbeitsbedingungen zu sorgen, gehört zum Beispiel auch:

  • Raumtemperaturen in Arbeitsräumen sollen mind. +17 °C betragen, bei schwerer körperlicher Arbeit reichen +12 °C. 

  • Bei Arbeit im Freien sind geeignete Schutzmaßnahmen (z. B. Schutzkleidung, Pausenregelungen) verpflichtend.

  • Die Gefährdungsbeurteilung muss auch Witterungseinflüsse berücksichtigen. 

Checkliste für einen optimalen Kälteschutz am Arbeitsplatz

  • Gibt es eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung mit Fokus auf Kälte? 

  • Ist geeignete Kälteschutzkleidung für alle Tätigkeiten vorhanden?

  • Sind Pausenräume besetzt und leicht erreichbar?

  • Gibt es klare Regeln für Arbeitszeiten bei extremen Temperaturen?

  • Sind Führungskräfte und Mitarbeitende für das Thema sensibilisiert?

  • Werden Außeneinsätze klug geplant (z. B. wetterabhängig, Zeitfenster)?

  • Funktionieren technische Hilfsmittel auch bei niedrigen Temperaturen?

  • Stehen wärmende Getränke bereit?

Fazit

Ein durchdachter Kälteschutz am Arbeitsplatz schützt nicht nur die Gesundheit Ihrer Angestellten – er ist auch ein Signal für Wertschätzung und Verantwortungsbewusstsein. Nutzen Sie die kalte Jahreszeit, um die Sicherheitsstandards im Betrieb zu überprüfen. Ihre Beschäftigten werden es Ihnen danken. 

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Sven von Thülen

Veröffentlicht am 04.11.2025

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